Investment Plattform China/Deutschland 1/2019
Rückblick und Vorausschau zum deutsch-chinesischen M&A-Markt
Rückblick zum deutsch-chinesischen M&A-Markt 2018
Im Jahr 2016 hat der chinesische Midea Konzern den deutschen Robotik-Spezialisten KUKA übernommen. Diese M&A-transaktion hat damals die Aufmerksamkeit der Medien und der Wirtschaft auf sich gezogen und darüberhinausgehend in Deutschland gewisse Bedenken ausgelöst.
Es war auch 2016, als das gesamte Transaktionsvolumen einen neuen Rekordwert verzeichnen konnte. 2017 und 2018 hat sich dieses Wachstumsmomentum nicht weiter fortsetzen können. Nach unserer Ansicht wurde der Rückgang des Transaktionsvolumens 2018 maßgeblich durch folgende Faktoren verursacht:
1. Die Liquiditätsknappheit, bedingt durch die chinesische Entschuldungspolitik, spiegelt sich in begrenzter Finanzierungsflexibilität und einem starken Anstieg der Finanzierungskosten chinesischer Unternehmen wider. Besonders betroffen sind chinesische Privatunternehmen, aber auch börsennotierte Unternehmen machen hier keine Ausnahme. Im Rahmen einer M&ATransaktion ist die Finanzierungssicherheit für deutsche Verkäufer das am meisten beachtete Element im Transaktionsprozess. Wenn ein chinesischer Käufer aber nicht in der Lage ist, der deutschen Seite ausreichende Sicherheit zu geben, sind die Erfolgschancen des chinesischen Käufers im M&A-Prozess extrem niedrig.
2. Die weitverbreiteten negativen Erwartungen bezogen auf die makroökonomischen Entwicklungen und der momentane Handelskonflikt zwischen China und den USA haben viele Unternehmen dazu veranlasst, vorerst eine vorsichtige und abwartende Haltung einzunehmen. Die bisher ergriffenen geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen in China haben die erhoffte Wirkung, das BIPWachstum anzukurbeln, nicht so sehr entfaltet. Noch verstärkt durch den aufgeflammten Handelskonflikt 2018, hat die schwächer werdende Wirtschaft in China die Transaktionsbereitschaft der einzelnen M&AAkteure negativ beeinflusst.
3. Der deutsche M&A-Markt ist ein Verkäufermarkt, in dem Investoren aus Übersee besonders aktiv sind. PwC geht davon aus, dass 2018 mehr als 800 deutsche Unternehmen an ausländische Investoren verkauft wurden. Insbesondere US-Unternehmen treten als große und dynamische Käufergruppe im deutschen M&A-Markt auf. Kurse und Bewertungen am chinesischen Aktienmarkt gingen 2018 zurück, wodurch für chinesische Investoren die Attraktivität von Auslandsinvestitionen gegenüber den lokalen Investitionen im Vergleich zu den vergangenen Jahren gesunken ist.
4. Das Bundeskabinett hat im vergangenen Jahr die Außenwirtschaftsordnung verschärft. Zudem ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in der Prüfung von Firmenübernahmen und Beteiligungen an deutschen Unternehmen durch solche Investoren strikter geworden. Die 20%ige Beteiligung von State Grid an 50 Hertz sowie auch die Komplettübernahme von Leifeld durch die Yantai Taihai Group sind letztendlich beide aufgrund eines Einschreitens der Bundesregierung nicht zustande gekommen. Die neuen Vorschriften und Regelungen führen insgesamt zu einer Verringerung der Transaktionssicherheit, was für chinesische Investoren zwangsläufig zu einer Abnahme deren Konkurrenzfähigkeit im Verkaufsprozess führt.
Beim Rückgang der deutsch-chinesischen M&A-Transaktionen sind der allgemeine Liquiditätsengpass und die Unsicherheit hinsichtlich der Wirtschaftsentwicklung die entscheidenden Faktoren. Die Auswirkungen der strikteren Prüfung potenzieller Transaktionen halten wir nur für begrenzt mitverantwortlich. Auch dass die chinesische Regierung Überseeinvestitionen in Hotellerie, Immobilien, Unterhaltung und anderen Bereichen untersagt, wirkt sich kaum aus, da der deutsch-chinesische M&A-Markt von jeher auf Maschinenbau und Industrie fokussiert ist.
Natürlich haben wir auch positive Veränderungen bei den deutsch-chinesischen M&A-Aktivitäten gesehen:
1. 2018 ist die Zahl der Anfragen chinesischer Unternehmen nach Investitionsmöglichkeiten stabil geblieben. Zahlreiche erfolgreiche M&A-Transaktionen der letzten Jahre dienen den Marktteilnehmern als positive Beispiele für Firmenübernahmen chinesischer Investoren in Deutschland. Investoren aus China achten zunehmend auf Synergien zwischen ihrem Hauptgeschäft und dem Akquisitionsziel und sind besser vorbereitet auf Herausforderungen in der Post-Merger-Integration. Die Professionalität chinesischer Investoren nimmt kontinuierlich zu.
2. Im Bereich der deutsch-chinesischen Fusionen und Übernahmen sind strategische Investoren aus China die treibende Kraft. Sie suchen rational nach einer nachhaltigen Entwicklung mit deutschen Unternehmen. Viele Firmen werden auch nach dem Transaktionsabschluss weiter von uns beobachtet: Mit Ausnahme einiger negativer Fälle hat die große Mehrheit der chinesischen Investoren eine langfristig nachhaltige Entwicklung für beide Unternehmen geschaffen. Und bei den strategischen Überlegungen kommt man sich kontinuierlich näher.
Blick auf dem deutsch-chinesischen M&A-Markt 2019
Wir gehen davon aus, dass die Liquiditätsknappheit sich im Jahr 2019 allmählich verringern wird. Die chinesische Zentralbank hatte bereits 2018 den Mindestreservesatz vier Mal und dann im Januar 2019 nochmal deutlich gesenkt, damit dringend benötigtes Kapital in die Realwirtschaft fließt. Chinas Führung setzt weiterhin positive steuerliche (z.B. Steuersenkungen) und geldpolitische Stimuli in Gang, um die Zuversicht in der Wirtschaft zu stärken. Die Umsetzung der Maßnahmen wird noch einige Zeit brauchen, vermutlich noch über 2019 hinaus. Beim Handelskonflikt zwischen China und den USA würde eine Lösung für Rückkehr von Vertrauen in die Wirtschaft sorgen. Momentan gibt es Anzeichen, dass es zumindest vorübergehend zu einer Entspannung im Handelskonflikt kommt. Wir prognostizieren daher, dass sich das Transaktionsvolumen (die Beteiligung von Geely an Daimler außen vor) der deutsch-chinesischen M&A-Transaktionen im Jahr 2019 erholen wird, aber das Niveau von 2017 wahrscheinlich nicht erreichen wird. Da europäische und amerikanische Börsen 2019 mit einer hohen Unsicherheit konfrontiert sind, könnten für chinesische Investoren im deutschen M&A-Markt attraktive Übernahmemöglichkeiten entstehen.
China und Deutschland haben von der Globalisierung stark profitiert und ihre Komplementarität in der industriellen Wertschöpfungskette ist größer als ihr Wettbewerb. Die chinesische Regierung ist nun dabei, den chinesischen Kapitalmarkt für ausländische Investoren schrittweise zu öffnen. Seit dem „America first“ von US-Präsident Trump haben Deutschland und China einen noch triftigeren Grund, Vertrauen zu stärken und ihre Kooperation bei internationalen Investitionsströmen zu fördern. Im Rahmen von „Made in China 2025“ sollen chinesische Unternehmen ihre technologischen Kompetenzen aufwerten und den Fokus von Masse in Richtung Qualität verschieben. Durch Fusionen und Übernahmen im Ausland können sie ihre Technologiekompetenz aufwerten, ihren Absatzmarkt vergrößern und Management-Knowhow hinzugewinnen. Deutschland genießt unter chinesischen Unternehmen dabei ein hohes Ansehen als Investitionsstandort.
Nach 40 Jahren Reform und Öffnung hat sich China inzwischen zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt entwickelt. Chinesische Unternehmen sind inzwischen ein fester Bestandteil der Wertschöpfungskette in vielen Märkten außerhalb Chinas und werden als dieser immer unersetzlicher. Derzeit liegt der Anteil der chinesischen Käufer in M&A-Transaktionen in Deutschland nur bei etwa 5% und damit weit unter dem Anteil von aus anderen Industrieländern kommenden Käufern, wie z.B. den Vereinigten Staaten. Allerdings sind wir fest davon Überzeugt, dass der Anteil chinesischer Käufer langfristig weiter steigen wird.
Zur Person
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Nan Ju, CFA Managing Director bei Eurasian Consulting
Er ist seit 2013 in leitender Position bei Eursian Consulting tätig. Davor arbeitete er unter anderem im Bereich Deal Advisory bei PwC Deutschland. Seine Spezialgebiete sind M&A-beratung und Unternehmensbewertung. Herr Ju hat zahlreiche chinesisch-europäische M&A-projekte in Bereichen wie intelligente Produktion, Automotive und Baumaschinen erfolgreich begleitet.
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Business Liaison:
Germany:+49 (0)69 2713 9970
China:+86 (0)21 3461 8683